Berlin, June 2023

Eine leistungsstarke Lösung: Crowdsourcing in der Fahrzeuglogistik

Der dramatische und chronische LKW-Fahrermangel weltweit ist eines der größten Probleme, mit dem die Logistikbranche je zu kämpfen hatte. Denn während der Bestand an Berufskraftfahrern kontinuierlich schrumpft, steigt die Nachfrage nach Transportleistungen immer weiter.

Movacar Crowdsourcing Logistics

Crowdsourcing – eine smarte Lösung für den Fahrermangel in der Fahrzeuglogistik

600.000 unbesetzte Fahrerstellen im Jahr 2022 Nach jüngsten Untersuchungen der International Road Transport Union (IRU) konnten allein 2022 weltweit 2,8 Millionen Lkw- und Busfahrerstellen nicht besetzt werden. Das entspricht etwa 10 % der Gesamtnachfrage. Schlimmer noch: Die derzeitige Lücke wird sich den Prognosen zufolge jedes Jahr um 25 % vergrößern. Allein in Europa blieben im vergangenen Jahr fast 600.000 Lkw- und Busfahrerstellen unbesetzt. Wenn also keine wirksamen und abgestimmten Maßnahmen ergriffen werden, um den Beruf des Kraftfahrers attraktiver zu machen, könnten in Europa bis 2026 über 2 Millionen Berufskraftfahrer fehlen. Das würde sich wiederum sich auf die Hälfte aller Gütertransporte und Millionen von Personenfahrten auswirken. Auch die gesamte Fahrzeuglogistikbranche und viele Mobiltätsanbieter sind vom Problem des Fahrermangels betroffen. Für diese Krise im globalen Gütertransport auf der Straße gibt es vor allem zwei Gründe: Erstens werden die Arbeitskräfte in der Branche immer älter und viele Fahrer nähern sich dem Rentenalter. Zweitens gelingt es immer weniger, freie Stellen zu besetzen. Der Beruf des Lkw-Fahrers ist anstrengend und die langen Arbeitszeiten auf der Straße machen ihn für viele weniger attraktiv. Personalverantwortliche stellt das vor eine kaum lösbare Herausforderung.

Wachsende Probleme für Europas Autohersteller

In den letzten Jahren haben weitere Faktoren den Fahrermangel verschärft. Da viele europäische Lkw-Fahrer aus der Ukraine stammen, stehen sie seit Kriegsbeginn im Februar 2022 nicht mehr zur Verfügung. Die logistischen Probleme, die mit der COVID-19-Pandemie begannen und sich mit dem Halbleitermangel fortsetzten, der die Fahrzeugproduktion verlangsamte, verschärfen sich seitdem noch mehr. Ob Mobilitätsanbieter oder Logistikunternehmen – ausnahmslos alle sind betroffen. Selbst große europäische Automobilhersteller waren nicht mehr in der Lage, Tausende ihrer Neufahrzeuge an Käufer und Händler auszuliefern.

Wie zum Beispiel vor kurzem Automotive News Europe berichtete, konnte Stellantis Ende 2022 Tausende von Fahrzeugen aufgrund des Fahrermangels nicht aus seinem ostfranzösischen Werk ausliefern. Das Unternehmen war gezwungen, sie auf einem verlassenen Flugplatz wenige Kilometer vom Werk entfernt „zwischenzuparken“. Europas größter Hersteller Volkswagen war von ähnlichen Problemen betroffen und konnte Neufahrzeuge nicht an Käufer ausliefern. Und auch Renault wies bei der Vorstellung der Jahresbilanz Anfang des Jahres auf Probleme in der Auslieferungslogistik hin.

Die Suche nach zusätzlichen Logistikkapazitäten hat begonnen

Automobilhersteller ergreifen inzwischen verstärkt Maßnahmen, um die Logistikkapazitäten zu erhöhen. Stellantis, der Hersteller von Fiat und Peugeot , umwirbt seine Mitarbeiter mit E-Mails und Werbeplakaten in den Fabriken, um sie hinters Steuer zu bewegen. Das Unternehmen testet derzeit auch andere kreative Wege, um Autos an die Kunden auszuliefern. So dürfen Händler ihre Fahrzeuge selbst am Werk abholen. Auch Renault versucht mit Mitarbeitern aus den eigenen Reihen den Fahrermangel zu kompensieren, um Autos zuverlässiger ausliefern zu können.

Diese kreativen Maßnahmen helfen zwar punktuell, den Fahrermangels zu lindern, sie werden das Problem aber nicht grundsätzlich lösen können. Innovative Konzepte sind gefordert, um die Kapazitäten in der Fahrzeuglogistik nachhaltig zu erhöhen. Denn eine gute Nachricht gibt es: Die Güter, die in unserer Branche transportiert werden müssen, sind Fahrzeuge, die von fast jedem Führerscheinbesitzer gefahren werden können. Eine echte Alternative zur Abhängigkeit von Berufskraftfahrern ist deshalb das Crowdsourcing von Fahrern.

Crowdsourcing erweitert die Kapazität erheblich

Die Idee ist einfach: Das Anwerben von Privatpersonen als Fahrer kann als Teil einer multilateralen Lösung zur Erweiterung der Fahrzeuglogistikkapazität beitragen. Denn die Vermarktung von Fahrzeugtransfers als preiswerte Einwegmieten erschließt ein bisher ungenutztes, bedeutendes Potenzial an Reisenden, die einen Fahrzeugtransport als günstige Reiseoption nutzen wollen und dafür bereit sind, das Fahrzeug an den gewünschten Zielort zu bringen. Für die Fahrzeuglogistikbranche ergeben sich durch Crowdsourcing zahlreiche Vorteile:

  • Skalierbarkeit: Mit Crowdsourcing können Unternehmen auf eine nahezu unbegrenzte Zahl potenzieller Fahrer zurückgreifen. Allein in Europa erfolgen jedes Jahr über 900 Millionen Fernreisen mit Verkehrsmitteln wie Bus, Bahn oder Mitfahrgelegenheiten. Dies eröffnet die Möglichkeit, Fahrer zu finden, die kurzfristig und auch außerhalb der Hauptnachfragezeiten oder zu abgelegenen Orten fahren können. Diese Flexibilität ist bei der heute immer weniger vorhersehbaren Bedarfssituation seitens der Logistikbranche ein entscheidender Vorteil.
  • Kosteneffizienz: Crowdsourcing ist die günstigste Alternative zur Anstellung von Berufskraftfahrern. Beim Crowdsourcing zahlen die Unternehmen nur für die tatsächlich durchgeführten Transferleistungen. Da keine Personalkosten oder Mindestlöhne anfallen, kann Crowdsourcing dazu beitragen, die Kosten für den Transport von Fahrzeugen drastisch zu senken.
  • Flexibilität: Crowdsourcing bietet Flexibilität. Wenn die Nachfrage nach Lieferungen steigt, können Unternehmen die Zahl der Aufträge einfach erhöhen, indem sie mehr „Jobs“ veröffentlichen. Sinkt die Nachfrage, wird einfach die Zahl der Aufträge verringert und Kosten gespart.
  • Nachhaltigkeit: Indem Unternehmen ihre Fahrzeugtransporte als echte Reisemöglichkeiten für die Allgemeinheit nutzbar machen, können sie ihre Fahrzeuglogistik nachhaltiger gestalten. Ungenutzte Ressourcen, nämlich so genannte Leerfahrten, werden nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft effizient und nachhaltig genutzt.

Die Macht des Crowdsourcing nutzen

Wie bei jeder neuen Technologie treten auch beim Crowdsourcing neue Herausforderungen auf. So müssen Unternehmen sicherstellen, dass die Fahrer auf einer Crowdsourcing-Plattform ordnungsgemäß überprüft und versichert sind und dass alle Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden. Diese Herausforderungen können jedoch mit der richtigen Planung, Umsetzung und einer laufenden Überwachung bewältigt werden. Einige innovative Start-ups arbeiten schon heute daran, Crowdsourcing zu einer frei skalierbaren und äußerst zuverlässigen Lösung zur Erhöhung der Fahrerkapazität in der Fahrzeuglogistik zu machen.

Durch Crowdsourcing erhalten Mobilitätsanbieter und Logistikunternehmen Zugang zu flexiblen, kosteneffizienten und skalierbaren Arbeitskräften und schaffen für die Öffentlichkeit neue erschwingliche Reiseoptionen. Darüber hinaus reduzieren sie schädliche Umweltauswirkungen in ihren logistischen Lieferketten. Insgesamt stellt Crowdsourcing von Fahrern in der Fahrzeuglogistik ein leistungsfähiges Instrument dar, das der Mobilitätsbranche hilft, die Auswirkungen des Fahrermangels abzumildern und die Kapazitäten der Fahrzeuglogistik zu erweitern. Es ist an der Zeit, diese Innovation nutzen und in ihre Entwicklung zu investieren. So kann Crowdsourcing sein volles Potenzial zum Nutzen der gesamten Branche entfalten.

Über den Autor

Eustach von Wulffen ist Mitgründer und CEO von Movacar (www.movacar.de), einer Fahrzeuglogistik-Plattform aus Berlin, welche das Potenzial des Crowdsourcing als Win-Win-Konzept auf dem Markt etabliert hat: Mit Movacar haben Nutzer Zugang zu Einwegmieten ab 1€, während professionelle Flottenbetreiber ihre Kosten für Fahrzeugtransfers deutlich reduzieren. Durch mehrere Partnerschaften mit großen Autovermietungen ist das Angebot von Movacar seit 2019 nachhaltig gewachsen. Seit 2022 haben Movacar-Nutzer nicht nur Zugang zu PKWs, sondern auch zu Transportern und Wohnmobilen für Roadtrips durch ganz Europa.